Woher kommen die Stereotype und Geschlechterrollen?
Die Hormone spielen mit:
Der Testosteronspiegel hat Einfluss darauf, wie sich das Gemüt eures Kindes entwickelt. Da das Hormon in den männlichen Hoden gebildet wird, ist das Verhalten von Jungen tatsächlich von Natur aus etwas wilder und rauflustiger. Aber auch Mädchen sind wild. Der Unterschied liegt darin, dass die Eltern das wilde Verhalten bei ihnen meist wegerziehen, während es bei Jungen in Ordnung ist, wenn sie sich mal mit einem Freund raufen.
Anatomische Unterschiede:
Das Geschlecht, Muskel- und Fettverteilung sowie der Körperbau sind bei Mädchen und Jungen von Geburt an unterschiedlich. Allein deshalb fühlen sich eure Kinder schon zur jeweiligen Gruppe zugehörig und erleben ihren Alltag auf unterschiedliche Weise.
Ohne Absicht:
Auch wenn ihr es nicht wollt, behandelt ihr eure Kinder unbewusst unterschiedlich, je nachdem ob diese Mädchen oder Jungen sind. Forscherinnen und Forscher haben herausgefunden, dass Eltern mit ihren Töchtern mehr sprechen und dadurch eine bessere Grundlage für die Entwicklung des Sprachzentrums legen. Mit Jungen hingegen tobt ihr als Eltern eher wild. Durch die Erziehung entstehen Vorurteile, was typisch für Mädchen und typisch für Jungen ist.
Wie die Eltern, so die Kinder:
Kinder nehmen sich ihre Eltern zum Vorbild. Wenn eure Kids mit etwa drei Jahren ihr Geschlecht entdecken, schauen sie meist auf den gleichgeschlechtlichen Elternteil, um herauszufinden, wie sich eine Frau oder ein Mann verhält. Bekommt euer Kind also von Anfang an mit, dass Männer stark und Frauen sensibel sind, wird es das auch für sein Rollenbild übernehmen.
Die Medien suggerieren Unterschiede:
Egal, ob ihr ein Spielzeuggeschäft betretet, gemeinsam eine Kinderserie schaut oder ein Buch lest – oft sind hier schon Spielzeug und Geschichten so gestaltet, dass sie auf die typischen Rollenbilder zugeschnitten sind. Bei den Mädchen dreht sich alles um Feen und Rosa, während die Jungen Bagger und Fußball vorgesetzt bekommen.
Unbewusste geschlechtsspezifische Erziehung
In unserer Gesellschaft sind geschlechtsspezifische Erwartungen immer noch verankert. Selbst wenn ihr als Eltern eure Kids geschlechtsneutral erziehen möchtet, handelt ihr unbewusst meistens stereotypisch. Denn mit euren Vorstellungen davon, wie Jungen und Mädchen sein sollen, formt ihr die Geschlechterrollen mit.
Indem ihr eurem Mädchen erzählt, wie hübsch sie ist, weil sie ein Kleid trägt oder eine schöne Frisur hat, lernt sie, dass es darauf ankommt, wie sie aussieht. Das Aussehen ist bei Mädchen ein häufiger Einstieg in Gespräche. Eltern loben ihre Jungen gern, wenn sie gut Fußball spielen oder Karate trainieren. Das zeigt dem Jungen, dass er für seine körperliche Leistung gelobt wird. Kinder lernen so meist früh, welche Eigenschaften und Erwartungen mit ihrem Geschlecht verbunden werden.
Zudem lernen Kinder auch durch Produkte und Lebensmittel die Vorurteile, wie beispielsweise Pferde für Mädchen und Autos für Jungen. Dadurch verstärken sich die Geschlechterrollen zusätzlich.
Rosa & Blau - Geschlechtertrennung bei Spielzeug und Einrichtung
Muss ein Mädchenzimmer rosa eingerichtet und mit einer großen Puppensammlung ausgestattet sein? Solltet ihr das Kinderzimmer eures kleinen Jungen in Blau tapezieren und nur Actionfiguren und Autos beherbergen? Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Generell gilt: Erlaubt ist, was eurem Kind gefällt. Am Anfang entscheidet ihr als Eltern, wie ihr das Kinderzimmer einrichtet. Viele Eltern entscheiden sich häufig bewusst gegen die „typischen“ Farben. Später dürfen eure Kinder mit entscheiden.
Unser Tipp: Gebt am besten den Wünschen eurer Kids nach, egal ob eure Kinder in einem blauen, grünen oder pinken Zimmer leben möchte.
Ärgert euch nicht, wenn alle Bemühungen um eine geschlechterneutrale Erziehung mal nicht fruchten und euer Sohn sich lieber mit Autos als mit der Spielküche beschäftigt. Das Ausprobieren von verschiedenen Rollen und Vorlieben gehört zur Entwicklung dazu. Wichtig dabei ist nur, dass ihr eurem Kind vermittelt, dass es sein und spielen kann, was es möchte – und ihr ihm das Selbstvertrauen schenkt, dass das völlig ok ist.
Spätestens im Kindergarten gibt es wahrscheinlich eine Spielzeugecke für Mädchen und für Jungen. Hier wird euer Sohn dann sicherlich genügend Selbstvertrauen haben, die Autos beiseite zu legen, um mit den Buntstiften zu malen. Und eure Tochter wird den anderen Jungen klarmachen, dass sie genauso gut ein Ungeheuer mit dem Schwert bekämpfen kann, wenn sie es will.
Tipps für eine geschlechtsneutrale Erziehung
Geschlechterstereotype sind heute veraltet, denn sowohl Mädchen als auch Jungen entwickeln ihre eigene Persönlichkeit und haben individuelle Eigenschaften und Verhaltensweisen. Und das hängt vor allem davon ab, wie ihr euer Kind sozialisiert und welchen Gruppen es sich zugehörig fühlt. Versucht, euren Kindern den Freiraum zu schaffen, den sie benötigen, damit sie sich frei entfalten und ausleben können. Wir haben sieben Tipps für eine geschlechtsneutrale Erziehung für euch zusammengestellt.
Freiheit geben: Gebt eurem Kind immer das Gefühl, dass es sein kann, was es will und dass es perfekt ist, wie es ist. Lasst es experimentieren und sich ausprobieren: Seid offen für alle nicht stereotypischen und auch stereotypischen Spiele und Verwandlungskünste eurer Kids.
Nicht in Klischees stecken: "Du darfst nicht im Dreck spielen, du bist doch ein Mädchen" oder "Jungen müssen stark sein" – ihr solltet das Verhalten eures Kindes nicht nach ihrem Geschlecht bewerten. Dadurch werden sie in Rollenerwartungen gedrängt, die nicht stimmen. Ein Mädchen darf sich natürlich dreckig machen und nach Herzenslust im Schlamm spielen, wohingegen ein Junge auch weinen darf.
Rollenspiele fördern: Mit einer Kiste voll mit Kostümen, Hüten, Schals oder alter Kleidung gebt ihr eueren Kleinen die Möglichkeit, sich zu verkleiden und in verschiedene Rollen zu schlüpfen. So entwickeln eure Kids ihre Persönlichkeit und toben sich kreativ aus.
Aktivitäten variieren: Jungen können beim Kochen helfen und Mädchen das Fahrrad reparieren. Bringt eurem Kind möglichst viele unterschiedliche Fertigkeiten bei. Das stärkt nicht nur das Selbstbewusstsein, sondern eure Kids entdecken so vielleicht auch neue spannende Hobbys.
Abwechslung: Zeigt eurem Liebling, dass das Leben nicht nur rosa oder blau, sondern bunt ist. Stellt zum Beispiel Menschen mit "untypischen" Berufen vor: einen Mann, der Frisör ist oder eine Frau, die Autos repariert. So lernt es spielerisch, dass es nicht immer nur ein entweder/oder gibt.
Sich selbst reflektieren: Nehmt euch bewusst Zeit, über eure Gespräche mit euren Kindern nachzudenken. Lobt ihr euer Mädchen oft aufgrund ihres Aussehens? Dann lenkt das Gespräch doch mal auf ihre tolle Leistung beim Schwimmen. Dadurch bezieht ihr euch auf Stärken, die weniger auf Geschlechterrollen abzielen.
Offen mit euren Kindern sprechen: Möchte euer Sohn im Rock in den Kindergarten gehen, sprecht am besten offen mit ihm darüber. Ihr solltet deutlich sagen, dass er anziehen kann, was er möchte. Weist ihn allerdings darauf hin, dass es auch Menschen gibt, die das lustig oder unangebracht finden. Zusammen findet ihr eine passende Lösung, womit ihr euch wohl fühlt.