Nicht reden, machen: Eltern in der Vorbildfunktion
Anerzogen oder verinnerlicht?
Iss dein Gemüse! Sag Danke! Warum gehst du nicht nach draußen zum Spielen?
Solche Sätze gehören seit jeher zu den Standards der Kindererziehung. Natürlich reagieren Kinder auf solche Aufforderungen – aber wünschen sich nicht eigentlich alle Eltern, dass ihre Kinder aus eigenem Antrieb das Richtige tun?
Wie verhalten Sie sich?
Wir alle wissen, wie wichtig Höflichkeit und Aufmerksamkeit sind, aber handeln wir selbst auch danach?
Grüßt ihr, wenn ihr schnell beim Bäcker hineinspringt oder beim Arzt in das vollbesetzte Wartezimmer kommt?
Entschuldigt ihr euch, wenn ihr im Bus gegen einen Mitfahrenden stoßt oder wenn ihr euer Kind zu Hause versehentlich angerempelt habt?
Behandelt ihr die ungeschickte Kellnerin oder den langsamen Kassierer mit dem gleichen Respekt wie alle anderen Menschen?
Sich so verhalten, wie man es von anderen erwartet
– das ist der allgemein bekannte Grundsatz für ein harmonisches Zusammenleben mit anderen Menschen. Zugleich ist es auch der Kern der Vorbildfunktion. Die Werte, die man seinen Kindern vermitteln möchte, muss man ihnen nicht predigen, sondern vorleben. Das klingt leichter als es ist, denn viele Verhaltensweisen haben sich über die Jahre eingeschliffen und die wenigsten Erwachsenen hinterfragen ihr eigenes Handeln.
Authentisch statt perfekt:
Natürlich haben wir alle gute und schlechte Tage. Es geht bei der Vorbildfunktion auch nicht darum, möglichst perfekt zu sein. Kinder brauchen authentische Vorbilder, deren Verhalten sie verstehen und einschätzen können – so verinnerlichen sie die Werte, die wir ihnen vermitteln möchten.
Eltern im Spiegel: Bin ich ein gutes Vorbild?
Respekt und Höflichkeit:
Kinder beobachten das Verhalten ihrer Eltern im Alltag und spiegeln es wider – bewusst oder unbewusst. Daher macht es wenig Sinn, Ihr Kind zum „Bitte“ und „Danke“ zu ermahnen, wenn ihr selbst Höflichkeitsformen im Umgang mit anderen Menschen vernachlässigt.
Aber auch über die üblichen Floskeln hinaus könnt ihr eurem Kind Höflichkeit und Respekt im Alltag vermitteln, zum Beispiel, indem ihr es ausreden lasst, euch entschuldigt, wenn etwas schiefgelaufen ist und einen ruhigen, respektvollen Ton pflegt.
Bewegung:
Eltern, die nicht möchten, dass ihr Kind den Tag auf dem Sofa oder im Kinderzimmer verbringt, sollten sich fragen, wie bewegungsfreudig sie selbst sind. Ihr müsst kein Mitglied im Fitnessstudio sein: Gemeinsame Spaziergänge und Radfahren, Toben oder Ballspielen vermitteln Kindern Spaß an Bewegung – auch ganz ohne Predigt.
Essen:
Konflikte am Esstisch gehören in vielen Familien zur Tagesordnung. Aber wie soll ein Kind einsehen, dass es seinen Blumenkohl essen muss, wenn Mama oder Papa selbst auch lieber darauf verzichten? „Gesundes“ und „ungesundes“ Essen sind abstrakte Begriffe für Kinder – viel wirkungsvoller ist es, wenn die Eltern durch ihr eigenes Essverhalten mit gutem Beispiel voran gehen. Das gilt natürlich auch für die Tischmanieren: Wenn Mama beim Frühstück Zeitung liest, ist es nicht verwunderlich, wenn der Nachwuchs mit dem Essen zu spielen beginnt.
Fernsehen, Computerspiele und Internet:
Kinder sollen nicht so viel fernsehen, sondern sich lieber mit einem Buch oder einem Spiel beschäftigen, während die Eltern in jeder freien Minute das Smartphone in der Hand haben? Heute, wo viele Bücher auch online verfügbar sind und Medien für Kinder zunehmend interaktiv gestaltet sind, verschwimmen die Grenzen zwischen Lesen, Spielen und passivem Konsumieren. Dennoch ist auch das Medienverhalten von Kindern stark vom Vorbild der Eltern geprägt – und zwar von Anfang an.
So klappt’s: Grundregeln für die Vorbildfunktion
Authentizität: Ihr müsst nicht perfekt sein – aber authentisch in eurem Handeln
Reflektieren: Beobachtet kritisch euer eigenes Verhalten – was möchtet ihr eurem Kind vorleben?
Höflichkeit: Behandelt nicht nur euer Kind, sondern alle Menschen mit der Höflichkeit, die ihr selbst auch erwartet
Respekt: Lasst euer Kind ausreden und achtet seine Bedürfnisse
Ehrlichkeit: Gebt zu, wenn ihr einen Fehler gemacht habt oder wenn ihr etwas nicht könnt
Toleranz: Habt Verständnis für kleine Schwächen oder Ängste
Konsequenz: Haltet Wort – je besser euer Kind euer Handeln einschätzen kann, desto sicherer wird es in seinen Entscheidungen