Das erste gesprochene Wort ist für viele Eltern ein Meilenstein in der Entwicklung ihres Kindes: Plötzlich ist eine aktive verbale Kommunikation möglich und viele Eltern sind erstaunt, wie schnell ihr Kind seinen Wortschatz erweitert und selbstständig Zusammenhänge zwischen Begriffen herstellt. Den nötigen „Input“ für diese Entwicklung liefern die Eltern durch die alltägliche Kommunikation – aber wie könnt ihr euer Kind darüber hinaus sprachlich fördern, ohne es unter Druck zu setzen? Wir haben das Thema Sprachförderung genauer unter die Lupe genommen und einige Tipps und Infos für euch zusammengestellt:
Sprachförderung von Kindern: Wissenswertes & Tipps
Was unterscheidet Sprachbildung von Sprachförderung?
Wenn es um Sprachentwicklung geht, ist es wichtig, zwischen den Begriffen „Sprachbildung“ und „Sprachförderung“ zu unterscheiden. (Alltagsintegrierte) Sprachbildung beschreibt grundsätzlich den Prozess, in dem Kinder im Alltag kontinuierlich und ihrem Entwicklungsstand entsprechend sprachlich gebildet werden. Ob zu Hause mit den Eltern, im Kindergarten oder in der Schule – bewusste und unbewusste Einflüsse tragen dazu bei, dass sich Kinder sprachlich entwickeln.
Sprachförderung hingegen meint die gezielte Unterstützung der Sprachentwicklung einzelner Kinder, zum Beispiel wenn sie sprachliche Defizite aufweisen und zusätzliche Unterstützung benötigen. Ziel ist es, Kinder in ihrer individuellen Entwicklung zu fördern.
Ist eine spezielle sprachliche Förderung überhaupt sinnvoll?
Förderwahn? Unsere Gesellschaft verfällt zunehmend einem Optimierungswahn, der auch vor Kindern nicht Halt macht. Es wird gefördert, was das Zeug hält, vom Babyschwimmen über die PEKiP-Gruppe bis hin zu Fremdsprachenkursen und Logiktrainings für Kleinkinder. Sprechen lernt jedes gesunde Kind mehr oder weniger von selbst, einfach durch die Interaktion mit den Eltern. Macht es also überhaupt Sinn, den Spracherwerb zusätzlich zu fördern?
Sprachförderung in Kita und Schule: Gezielte Sprachförderung gehört zum Konzept vieler Schulen und Kitas. Stellt sich heraus, dass ein Kind sprachliche Defizite hat, zum Beispiel in der Aussprache oder im Sprachverständnis, gibt es die Möglichkeit einer regelmäßigen Sprachförderung durch speziell ausgebildete Sprachtherapeut:innen. Je früher dieses Training einsetzt, desto größer ist die Chance, dass sich Sprachstörungen vollständig zurückbilden.
Freude an der Sprache fördern: Ziel der Sprachförderung im Alltag sollte nicht sein, dass Kinder besonders früh oder besonders gut sprechen lernen. Vielmehr geht es darum, durch spielerische Förderung Spaß an der Sprache zu vermitteln, die sprachliche Fantasie anzuregen und die Kinder zu einem kreativen und vielfältigen Umgang mit der Sprache zu motivieren.
Lieder und Reime zur Sprachförderung
Durch Sprache lernen Kinder, ihre Welt zu verstehen. Dieser Lernprozess ist umso intensiver, je vielfältiger die Sprache ist. Natürlich kann die Alltagskommunikation schon sehr vielfältig sein. Viele Eltern stellen aber schnell fest, dass ihr Kind schon im Säuglingsalter fasziniert zuhört, wenn sie einfache Kinderlieder singen oder kleine Reime aufsagen.
Warum ist Singen für die Sprachförderung wichtig?
Singen geht über die verbale Kommunikation hinaus, da über Melodien auch Emotionen und Persönlichkeit vermittelt werden. Viele Kinder singen bereits im Kleinkindalter frei erfundene Melodien ohne eigentlichen Text als individuelle Ausdrucksform. Wenn Eltern mit ihren Kindern singen, schaffen sie nicht nur eine besondere emotionale Ebene, sondern fördern auch die sprachliche Entwicklung: Kinder können sich Liedtexte erstaunlich gut merken und verstehen sprachliche Zusammenhänge besonders schnell, wenn sie durch eine Melodie unterstützt werden.
Einige der bekanntesten Kinderlieder zur Sprachförderung
Backe, backe Kuchen (mit Klatschen)
Alle meine Entchen (mit Handbewegungen für die Enten)
Tuff-tuff-tuff die Eisenbahn (alle bekannten Namen werden als „Passagiere“ eingesetzt)
Reime zur Sprachförderung – am besten von Anfang an
„Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen ...“
Einige bekannte Fingerspiele mit Reimen
Himpelchen und Pimpelchen (Die Daumen werden zu zwei Zwergen)
Das ist der Daumen (Abzählreim mit allen Fingern)
Da hast du ’n Taler, geh auf den Markt
Diese und andere Fingerspiele für Babys sind ein sicherer Weg, die Aufmerksamkeit eures Nachwuchses zu gewinnen. Die Verbindung von Sprache und Gestik ist neuronal bedingt – das Sprachzentrum liegt im Gehirn direkt neben dem Zentrum für die Handmotorik. Babys erkunden ihre Umwelt mit den Händen, lange bevor sie sprechen können. Fingerspiele mit Reimen verbinden den intuitiven Tastsinn mit dem sprachlichen Input und sind daher besonders sprachfördernd für Kinder.
Wie ihr euer Kleinkind zu Hause sprachlich fördert
Die kommunikative Entwicklung mit Puppen fördern
Eine wunderbare Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen, ist das Rollenspiel. Vor allem im Spiel mit Puppen verarbeiten Kinder Erlebtes aus ihrem Alltag und übernehmen häufig die Rolle eines Elternteils. Oft sprechen sie Gespräche nach oder bleiben auch mal ganz still. Aber auch dann erzählen sie in ihrem Kopf eine Geschichte und erweitern so ihre sprachlichen Fähigkeiten.
Die kommunikative Entwicklung mit Kinderspielen fördern
Die Sprachentwicklung von Kindern kann auch durch gemeinsames Spielen gefördert werden. Der HABA-Klassiker Obstgarten erweitert Wortschatz, Sprachverständnis und Satzbau und macht Kindern und ihren Familien seit vielen Generationen viel Spaß.
Die kommunikative Entwicklung mit Geschichten fördern
Geschichten regen Kinder zum Sprechen an. Deshalb ist Vorlesen so wichtig für die Sprachentwicklung und stärkt die Kinder ganz nebenbei in ihrer Persönlichkeit und sozialen Kompetenz. Regelmäßiges Vorlesen zu einer festen Zeit wird so zu einer intensiven Kuschel- und Wohlfühlzeit.
Schon Babys können mit Kinderwagenbüchern spielen, ab einem Jahr sind Kinder alt genug für erste Pappbilderbücher mit einfachen Illustrationen und kurzen Reimen. Später freuen sie sich über kleine Geschichten und erste Sachbücher über ihren Alltag, ihre Lieblingstiere, Fahrzeuge oder Spielsachen.
Weitere Tipps rund um die Sprachförderung von Kindern
Im Alltag mit Kindern gibt es noch weitere Feinheiten zu beachten, um ihre Sprachentwicklung optimal zu begleiten:
Sprechen: Schafft eine anregende, kommunikative Umgebung und bezieht euer Kind von Geburt an in die Kommunikation ein.
Zuhören: Geduldiges, interessiertes Zuhören ist eine Form der Sprachförderung, da es euer Kind anregt und unterstützt.
Bilderbücher: Schaut euch mit eurem Kind Bilderbücher an, anstatt ihnen nur vorzulesen. Beim Betrachten kommt ihr ins Gespräch und euer Kind versucht stärker, den Zusammenhang zwischen Text und Bild zu erfassen.
Fehler akzeptieren: Korrigiert nicht sofort falsche Aussprache oder Grammatik, sondern ermutigt euer Kind, frei und unbefangen zu sprechen.
Kein Zwang: Erwartungsdruck nimmt Kindern die Freude am Sprechen – dazu gehören auch Aufforderungen, ein Wort zu wiederholen oder richtig auszusprechen.
Keine Babysprache: Eltern verfallen leicht in die vereinfachte Babysprache - vollständige, korrekte Sätze fördern den Spracherwerb aber viel mehr.
Korrigierendes Feedback: Indem Eltern die Äußerungen ihres Kindes (richtig) wiederholen, geben sie wichtigen sprachlichen Input (z.B.: Kind „Ado.“, Eltern: „Ja, das ist ein Auto.“).
Blickkontakt beim Sprechen: Blickkontakt signalisiert Interesse und vermittelt Emotionen, außerdem hilft er Kindern, die Mundbewegungen des Gegenübers zu sehen, um das Gesagte richtig zu verstehen.
Mehr Artikel rund um Kindererziehung & Psychologie entdecken
Bildnachweise
Mutter und kleiner Sohn sitzen zusammen und lesen ein Buch zu Hause © Elena Kratovich - stock.adobe.com
Kleiner Junge bei einer Sprachtherapeutensitzung © kasto - stock.adobe.com
Kinderhände liegen auf Elternhände und machen Fingerspiele © dtatiana - stock.adobe.com