Altersgemäße Erziehung statt „Kinderdressur“
Gutes Benehmen unterliegt wie die meisten Erziehungsfragen dem Zeitgeist. Während sich Anfang des letzten Jahrhunderts Kinder wie kleine Erwachsene zu benehmen hatten und selbst Vater und Mutter häufig mit „Herr/Frau“ und „Sie“ ansprachen, kam in den 1970er- und 80er Jahren die antiautoritäre Erziehung in Mode, bei der sich Kinder ohne Regeln und Restriktionen frei entfalten sollten. Weder das eine noch das andere Extrem war besonders kindgerecht, wie die Erfahrung zeigt.
Heute hat sich der Mittelweg durchgesetzt: Die meisten Eltern legen Wert auf gutes Benehmen ihrer Kinder, aber ihre Kinder sollen ohne Drill und möglichst altersgerecht lernen, was sich gehört. Eigenschaften wie Empathie und Hilfsbereitschaft werden gefördert, während starre Etikette zunehmend in den Hintergrund rückt.
Vom Kleinkind bis zum Teenager - Wann lernen Kinder gutes Benehmen?
Kinder lernen gutes Benehmen von Anfang an – durch gute Vorbilder. Alle Bemühungen nützen nichts, wenn ihr eurem Kind das gute Benehmen nicht vorlebt. Dazu zählt auch, dass ihr euer Kind selbst immer höflich und respektvoll behandelt. Euer Kind wird dieses Verhalten schnell als „normal“ verinnerlichen und sich selbst danach richten.
Hilfsbereitschaft:
Viele Ein- und Zweijährige heben Dinge, die heruntergefallen sind, wie selbstverständlich auf oder reichen Mama und Papa auf eine Bitte hin bestimmte Gegenstände wie Löffel oder Spielsachen. Auch, wenn es eher spielerisch ist - bedankt euch bei eurem Kind, wenn es geholfen hat. Auf eine Belohnung sollten ihr lieber verzichten, damit es Hilfsbereitschaft nicht künftig mit einer Forderung verbindet.
Bitte und Danke:
Viele Kinder kommen schon früh spielerisch mit "Bitte" und "Danke" in Kontakt, wenn z.B. Spielsachen mit den Eltern hin und her gereicht werden. Aber auch im Alltag und im Umgang mit Ihren Mitmenschen sollten Bitte und Danke selbstverständlich sein. Ab etwa zwei Jahren könnt ihr auch Kinder daran erinnern, sich zu bedanken, etwa, wenn ein Kind seine Kekse geteilt hat oder wenn Ihr Kind ein Geschenk bekommen hat.
Entschuldigung:
Entschuldigt euch immer bei eurem Kind, wenn ihr einen Fehler gemacht oder es z.B. versehentlich angestoßen habt. So lernen schon ganz kleine Kinder "nebenbei" dieses Verhalten. Ab 2 oder 3 Jahren könnt ihr auch Streit zwischen Freunden und Geschwistern schlichten, indem ihr die Streithähne dazu anhaltet, sich die Hand zu geben und sich zu entschuldigen.
"Ich will":
"Will" oder "ich will" ist für Kleinkinder einfacher zu artikulieren als "ich möchte". Wenn ihr selbst aber konsequent "möchten" statt "wollen" und auch euer Kind eher fragt "Möchtest du noch etwas spielen?", dann schafft ihr eine gute Grundlage.
Begrüßen und Augenkontakt:
Im Kindergarten sollen Kinder bereits gelernt haben, dass zu einer Begrüßung ein freundliches "Hallo" mit Augenkontakt gehört. Viele Kinder haben mit drei oder vier Jahren noch Scheu, anderen Menschen die Hand zu geben. Das muss in diesem Alter auch nicht sen - meist reicht es, wenn Sie als Vorbild funktionieren.
Schimpfwörter:
Meist werden Schimpfwörter erst im Kindergartenalter interessant. Reagiert konsequent, unabhängig davon, ob euer Kind wirklich wütend ist oder einfach Spaß an den verbotenen Wörtern findet. Ihr selbst solltet zuhause von Anfang an auf Schimpfwörter verzichten, damit kein Gewissenskonflikt für euer Kind entsteht.
Tischmanieren:
Ab zwei Jahren können die meisten Kinder selbst mit Löffel oder Gabel mitessen. "Guten Appetit", "Bitte" und "Danke" bei Tisch sollten selbstverständlich sein. Von 2- oder 3jährigen kann man noch nicht erwarten, dass sie eine volle Mahlzeit hindurch still sitzen. Schreien oder mit Essen werfen sollte in diesem Alter aber tabu sein. Nicht mit vollem Mund sprechen und nicht mit dem Stuhl kippeln sind weitere "Standards", die ein Kind ab 3-4 Jahren lernen kann.
Grundregeln für gutes Benehmen
Vorbild sein:
Euer Kind lernt gutes Benehmen auch durch Zuschauen.
Altersgerecht erziehen:
Kindergartenkinder brauchen keine perfekten Tischmanieren.
Viel loben:
Erfolge betonen und euer Kind bestärken.
Ausrutscher:
Ob beabsichtigt oder unabsichtlich – verzeihen und nicht bestrafen.
Konsequent sein:
Einmal erlernt, sollten Höflichkeit und Benimmregeln immer gelten.
Erklären:
Kindern hilft es, wenn sie wissen, warum sie bestimmte Benimmregeln befolgen sollen – sprecht darüber.