Das erste Wort ihres Kindes bleibt den meisten Eltern für immer in Erinnerung: Es ist ein ganz besonderer Moment, wenn aus den typischen Babylauten plötzlich verständliche Sprache wird. Dabei fängt das Sprechenlernen nicht mit den ersten Worten an – wenn wir das erste „Mama“ oder „Auto“ hören, ist der Spracherwerb eines Kindes schon längst in vollem Gange. Schon mit wenigen Monaten entwickeln Babys ein Gefühl dafür, wie Sprache verwendet wird und beginnen die Regeln ihrer Muttersprache zu lernen. Eltern können ihre Kinder von Anfang an beim Spracherwerb unterstützen. Wie das geht, verraten wir Ihnen hier.
Sprechen lernen: Wie unterstütze ich mein Kind in der Sprachentwicklung?
Ab wann und wie lernen Kinder sprechen?
Wörter deutlich zu artikulieren und erste Sätze zu bilden, lernen Kinder in der Regel innerhalb der ersten zwei Lebensjahre. Wann ein Kind zu sprechen beginnt, ist sehr unterschiedlich. Einige sagen mit zehn Monaten die ersten Worte, bei anderen ist es erst mit 18 Monaten so weit. Doch schon mit wenigen Monaten entwickeln Babys ein Gefühl dafür, wie Sprache verwendet wird, und beginnen die Regeln ihrer Muttersprache zu lernen – ganz intuitiv und natürlich. Fachleute nennen das „ungesteuerten Spracherwerb“.
Genau genommen fängt das Sprechen-Lernen jedoch weit vorher an: mit dem Hören-Können und somit ab etwa der 24. Schwangerschaftswoche. Hier lauscht Baby schon Mamas Herzschlag und hört, wie sie spricht. Auch andere vertraute Stimmen nimmt es wahr und verinnerlicht den Klang seiner Muttersprache. Und mit dem ersten Schrei beginnt Baby das Sprechen zu „üben“, denn so macht es sich anfangs verständlich.
Die Entwicklungsschritte beim Sprechen-Lernen
Das Wichtigste vorweg: Die folgenden Altersangaben und Fähigkeiten beim Sprechen-Lernen sind nur Orientierung, kein „Lehrplan“, den dein Baby erfüllen muss. Lass deinem Kind die Zeit, die es braucht. Sprachentwicklung ist ein individueller Prozess.
Im Übrigen stellt der Kinderarzt bei den Vorsorgeuntersuchungen U6 und U7 im Alter von 1 bzw. 2 Jahren fest, ob die Sprachentwicklung eines Kindes im Bereich des Normalen liegt. Hier haben Eltern die Möglichkeit, eigene Beobachtungen abzuklären.
0 bis 3 Monate
Das Baby weint, gurrt und gluckst in unterschiedlichsten Tonlagen.
Auch mit seiner Mimik kommuniziert es bereits.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Plaudere viel mit deinem Baby und halte Blickkontakt.
Wiederhole seine Laute, reagiere auf seine Lautäußerungen und Signale. Je mehr, desto besser. So wachsen Vertrauen und Bindung und damit der Wunsch, zu kommunizieren, zu verstehen, sich auszudrücken.
3 bis 6 Monate
Das Baby macht erste Schmatz- und Zischgeräusche.
Es erzeugt Vokale und erste Silben, was sich oft wie Lallen anhört.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Übersetze und reagiere auf die Laute deines Babys.
Kommentiere, was gerade passiert, und binde Spielsachen oder Alltägliches ein: „Da rollt dein Ball.“, „Jetzt bekommst du eine frische Windel.“ usw.
6 bis 8 Monate
Das Baby plappert mehr und mehr.
Es brabbelt Silbenfolgen wie „Bababa“ und macht verschiedene Gebärden.
Einzelne Wörter, wie z.B. seinen Namen, kann es bereits verstehen.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Kinderlieder, Fingerspiele und Kniereiter faszinieren Babys. Das Zusammenspiel von Sprache, Musik und Bewegung wirkt sich besonders positiv auf seine Entwicklung aus – nicht nur fürs Sprechen-Lernen.
Binde so oft wie möglich Babys Namen ein.
12 bis 18 Monate
Das Kind spricht erste verständliche Wörter (Mama, Papa, Wauwau, Auto …).
Mit eineinhalb Jahren beherrscht es ungefähr 50 Wörter.
Es kann seinen Namen sagen, spricht von sich aber in der dritten Person.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Kommentiere weiter viel, was du tust. Binde dabei dein Kind ein, indem du es zwischen zwei Möglichkeiten wählen lässt („Möchtest du Auto oder Puppe?“).
Betrachtet gemeinsam Bilderbücher und lasse es Bekanntes darin benennen.
18 bis 24 Monate
Dein Kind kann nun schon ca. 200 Wörter „produzieren“ und spricht immer häufiger Sätze aus zwei bis vier Worten.
Es kombiniert Substantive, Verben, Adjektive und stellt Verben in der Grundform ans Satzende.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Beste Zeit für Zuordnungsspiele, Wimmel- und Puzzlebücher!
Spricht dein Kind etwas falsch, wiederhole es im nächsten Satz einfach richtig („Papa gekommt.“ – „Ja, Papa ist gekommen.“).
Spiele, Puzzles und Wimmelbücher, die das Sprechen-Lernen fördern
24 bis 36 Monate
Dein Kind beherrscht erste komplizierte Lautverbindungen wie „ch“ oder „gl“.
Es spricht kurze Sätze, stellt Warum-Fragen, bindet Pronomen ein („ich“, „mein“), kann Farben benennen und Handlungen auf Bildern erkennen.
Es spricht auch mit sich selbst und imitiert die Erwachsenen bei allem, was es sieht.
So kannst du jetzt die Sprachentwicklung deines Kindes unterstützen:
Lies deinem Kind vor und lasse es nacherzählen.
Malt, knetet und spielt gemeinsam Rollenspiele.
Sprich bei alledem viel mit deinem Kind. Benenne Gefühle.
So geht es mit dem Sprechen-Lernen weiter
Bis 4 Jahre
Dein Kind lernt auch schwierige Konsonanten wie z.B. „r“.
Bis 5 Jahre
Dein Kind bildet alle Laute korrekt (außer eventuell „s“, „sch“).
Es kennt schon über 2.000 Wörter.
Es wendet einfache grammatikalische Regeln richtig an, wie z.B. Plural, einfache Vergangenheitsform …
Bis 6 Jahre
Die Lautbildung in der Sprachentwicklung des Kindes ist abgeschlossen.
Grammatikalische Regeln wie Satzbau, Zeitformen und Artikel werden von deinem Kind richtig angewendet.
Worauf müssen Eltern beim Sprechen-Lernen achten?
Eltern können das Sprechen-Lernen nicht beschleunigen und doch haben sie großen Einfluss auf die Sprachentwicklung ihrer Kinder. Wenn wir im alltäglichen Leben ein paar Dinge beherzigen, weckt das die Freude am Sprechen ganz nebenbei – und mit Freude erlernt sich bekanntlich alles leichter.
5 Dos and Dont’s beim Sprechen-Lernen:
Sei Vorbild: Rede viel mit deinem Kind, auch über Banales, und halte Blickkontakt. So spürt es deine Aufmerksamkeit und kann die Bewegung deiner Lippen sehen und nachahmen.
Lies viel vor: Das fördert Sprachverständnis und Wortschatz.
Korrigiere nicht: Das Was ist beim Sprechen-Lernen wichtiger als das Wie. Ständiges Verbessern nimmt die Lust am Reden. Wirksamer ist es, falsch Ausgesprochenes unauffällig richtig zu wiederholen.
Sprich nicht in Babysprache: Nimm dein Kind als Gesprächspartner ernst, stelle ihm Fragen und höre aufmerksam zu.
Vergleiche nicht: Habe Geduld. Jedes Kind lernt in seinem Tempo sprechen.
5 Spiele & Übungen, die das Sprechen-Lernen fördern:
Rhythmusspiele: Kinder mit gutem Rhythmusgefühl entwickeln oft auch ein gutes Gespür für Sprache. Ob Kinderlieder , Reime oder Kniereiter: All das macht Kleinen riesig Spaß und unterstützt dein Kind in seiner Sprachentwicklung.
Fingerspiele : Sie trainieren Sprachverständnis und Feinmotorik gleichzeitig, denn beide Bereiche sind im Gehirn eng miteinander verbunden. In jedem Fall lohnt es sich, spielerisch die Feinmotorik zu üben – ob mit Fingerpüppchen, Bauklötzchen, beim Fingermalen oder, oder …
Seifenblasen-Blasen: Das fördert Mundmuskulatur und Atemtechnik. Auch schwierige Laute lassen sich so leichter aussprechen. Zum Seifenblasen-Spaß!
Memospiele: Sie lassen sich gut als Sprachspiele nutzen, denn Kinder lernen dadurch neue Begriffe kennen und festigen diese. Die einzelnen Spielkarten können auch bestens genutzt werden, um kleine Geschichten zu erzählen.
Sprachförderspiele : Sie müssen gar nicht trocken daherkommen, sondern verknüpfen gekonnt alle Aspekte des Sprechen-Lernens mit viel Spaß und oft auch Wissenswertem.
Mehr Tipps, wie du dein Kind beim Sprechen-Lernen spielerisch unterstützen kannst, findest du in unserem Beitrag zur Sprachförderung.
Sprechen-Lernen und Mehrsprachigkeit
Kinder zwei- oder mehrsprachig zu erziehen, bietet große Chancen, bedeutet aber auch einige Herausforderungen. Hier verraten wir dir die Vorteile und Risiken der zweisprachigen Erziehung .
Fehler gehören zum Sprechen-Lernen dazu
Aller Anfang ist schwer:
Einige Kinder sprechen am Anfang sehr langsam, andere enorm undeutlich. Viele lispeln etwas oder haben Schwierigkeiten, harte Konsonanten oder Rachenlaute wie das „ch“ zu bilden. All das ist normal beim Sprechen-Lernen. Meist hat es ohnehin nur Frust zur Folge, wenn Eltern versuchen, die vermeintlichen Sprachfehler in diesem Alter zu korrigieren.
Stottern:
Viele Kinder verhaspeln sich, wenn sie die Worte nicht schnell genug finden, oder brauchen mehrere Anläufe, um einen Satz zu beenden. Das kann mitunter wie Stottern klingen, aber anders als beim echten Stottern kommen die Silben oder Wörter locker und unverkrampft. In der Regel geht das sogenannte „Entwicklungsstottern“ bis zum 5. Lebensjahr von allein vorüber. Hier erfährst du mehr zum Thema Stottern
Sprechen setzt Hören voraus:
Wenn es mit dem Sprechen-Lernen nicht klappen will, kann ein Hörfehler die Ursache sein. In der Regel wird das Gehör bei Früherkennungsuntersuchungen durch den Kinderarzt geprüft. Eltern, die sich unsicher sind, können einen separaten Hörtest beim Kinderarzt machen lassen.
Lies mehr Wissenswertes zu Sprachstörungen bei Kindern und was Eltern in solchen Fällen für die Sprachentwicklung ihres Kindes tun können.
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Bildnachweise:
Nahaufnahme eines lachenden neugeborenen Babys auf dem Schoß der Mutter © Prostock-studio - stock.adobe.com
Papa spricht mit seinem Sohn und kuschelt mit ihm © dusanpetkovic1 - stock.adobe.com
Baby liegt auf Mamas Oberschenkel © Prostock-studio - stock.adobe.com